Misophonie verstehen und überwinden – Das Buch von Thomas H. Dozier
Iwan Petrowitsch Pawlow war ein russischer Psychologe, der bekannt wurde für seine Experimente mit Hunden. Anfang des 20. Jahrhunderts ließ er immer eine Glocke klingen, bevor die Tiere gefüttert wurden. Jedes Mal löste der Anblick von Nahrung einen erhöhten Speichelfluss bei ihnen aus. Allerdings vermischte sich im Laufe der Zeit für die Tiere der Klang der Glocke mit der optischen Wahrnehmung. Irgendwann reichte es aus nur die Glocke zu läuten, um eine bestimmte körperliche Reaktion auszulösen. In dem Fall floss bei den Hunden der Speichel allein durch das Klingeln, ganz ohne Essen. Man nannte dieses Verfahren klassische Konditionierung: ein neutraler Reiz verbindet sich mit einem unangenehmen oder angenehmen Reiz und löst die gleiche Reaktion aus.
Was das mit dem Menschen und der Misophonie zu tun hat? Sehr viel. Denn Experten sagen, dass die Misophonie bei Betroffenen wohl die gleiche Ursache hat. Bestimmte Geräusche versetzen sie schlagartig in einen stark negativen Gemütszustand. Aggressionen, Übelkeit und Ekel sind die Symptome. Patienten, die unter Misophonie leiden, führen ein Leben, dass irgendwann stark von dem Wunsch nach sozialer Isolation geprägt sein kann. Ohne Diagnose und Behandlung, entwickelt sich ein Vermeidungsverhalten dass später ihr Wesen massiv beeinflusst.
Damit genau das nicht passiert, hat Thomas H. Dozier ein Buch geschrieben. Es soll Betroffenen und deren Angehörigen Wege aufzeigen, damit sich ihre Lage bessert: „Misophonie verstehen und überwinden: Entstehung und Verlauf, Diagnose und Behandlung“ ist dessen Titel.
Daten zum Buch:
Autor: Thomas H. Dozier
Originaltitel : Understanding and Overcoming Misophonia
Taschenbuch : 180 Seiten
ISBN-10 : 394543064X
ISBN-13 : 978-3945430644
Größe und/oder Gewicht : 14.78 x 1.04 x 21.03 cm
Herausgeber : Lotus-Press; Zweite vollständig überarbeitete Auflage (29. September 2016)
Zum Buch-Inhalt
Misophonie zeigt sich in der Regel bei Kindern ab dem Alter von ungefähr 8-10 Jahren. Man vermutet, dass dabei Konflikte zwischen Eltern und Kind die Ursache sein könnten. Eher zufällig oder willkürlich werden bei ihnen negative Erlebnisse im Gedächtnis mit einem ganz bestimmten Geräusch verbunden, das mit dem Problem nicht unbedingt etwas zu tun hat. Im Laufe der Zeit stabilisiert sich diese Assoziation. Wenn Betroffene später das sogenannte Trigger-Geräusch wahrnehmen, dann löst das schlagartig die damit assoziierten, negativen Emotionen aus.
Auf diesem Gebiet gibt es bisher nur wenig Forschung, schreibt der Autor. Man ist sich nicht einmal sicher, ob es sich um eine rein psychische Störung handelt oder um eine andere Störung – um eine neurologische. Also ein körperlich bedingtes Problem.
Gerade deswegen ist es wichtig, dass die Menschen, die darunter zu leiden haben, mehr darüber erfahren. Oft werden die Symtome ganz falsch interpretiert. Viele werden irrtümlich wegen Zwangsstörungen behandelt.
Laut dem Autor hat das Auswirkungen auf die Behandlung. Falsche Diagnosen führen manchmal dazu, dass sich Patienten mit ihren Ängsten auseinandersetzen müssen. Dadurch soll eine entkonditionierung stattfinden. Dozier sagt hierzu jedoch, dass es genau der falsche Weg wäre. Seine Empfehlungen lauten dahingehend, dass betroffene Menschen möglichst mit Offenheit, Geduld, Ruhe und Verständnis behandelt werden sollten. Entspannungstrainings und Verhaltenstherapie sind viel mehr zielführend. Sie sollen dabei helfen die inneren Konflikte abzubauen und eine möglichst sanfte Entkopplung von den verhassten Geräuschen zu erreichen. Und selbst wenn das nicht klappt, haben Patienten immer noch die Möglichkeit ein bisschen mehr Kontrolle über die Intensität und die Ausprägung ihrer Symptome und der emotionalen Reaktion zu erhalten.
Ein gutes Buch, ein wichtiges Buch. Es wird sehr vielen Menschen helfen.