- 1431 Views
- Wirtschaft Wissen
Recyclingtechnik – Das Fachbuch für Lehre und Praxis
Für so einige Kinder in Deutschland war es vor Jahrzehnten noch eines der größten Abenteuer Müllcontainer zu durchsuchen oder mit den Eltern auf den sogenannten Schrottplatz zu fahren. Noch in den 1970-er und zum Teil in den 1980-er Jahren wurde nämlich einfach alles in eine Tonne geworfen, was nicht mehr gebraucht wurde. Oder es wurde auf der Müllkippe entsorgt, wo jeder hinfahren und alles hinwerfen durfte. Tja, das waren andere Zeiten. Damals gab es einige wenige reiche Länder auf der Welt und noch den einigermaßen industrialisierten sozialistischen Block. Die meisten anderen Regionen waren bettelarm. Daher konnte man es sich leisten einfach alles wegzuwerfen. Rohstoffe gab es genug. Umweltschäden schienen einigermaßen im Griff zu sein. Es gab zwar das Ozonloch, aber FCKW hatte man verboten. Daher blickte man optimistisch in die Zukunft. Die grundlegenden Voraussetzungen für ein „weiter so“ waren vorhanden.
Doch die Zeiten änderten sich. Immer weitere Regionen der Erde erlebten einen Aufschwung. Vor allem diejenigen in Asien, die einen Großteil der Weltbevölkerung beherbergen. Ihr Konsum leistete eine wesentlichen Beitrag dazu, dass die Rohstoffe nicht mehr wie aus Bächen flossen. Bei manchen metallischen Werkstoffen herrscht heute absolute Knappheit. Und bei anderen Materialien erlebt man schon einen rasanten Preisanstieg. Zudem wuchs das gesellschaftliche Bewusstsein. Müllberge durch energetische Verwertung, also Verbrennung, zu beseitigen oder der schlichte Abtransport in arme Länder war nicht mehr akzeptabel.
Hinzu kam noch, dass sich das Konsumverhalten geändert hatte. Elektroschrott – so etwas gab es früher kaum. Doch heute wechseln die Menschen ihre Handys, Computer, Fernseher, Waschmaschinen, Kühlschränke und Radios aller paar Jahre. In diesen Geräten wimmelt es von wertvollen Metallen und teilweise giftigen Bauteilen. Sie benötigen eine fachgerechte Bearbeitung.
Ob freiwillig oder durch wirtschaftliche Zwangslage – Recycling wurde immer dringender. In der Forschung ging es nun darum Mittel und Wege zu finden, um die Wiederverwertung von Materialien zu forcieren. Und das nicht nur bei Papier, Glas, Metall oder Plastik – nein, das ganze Spektrum an Müll soll einer umweltgerechten Wiederverwertung zugeführt werden. Nur das, was gar nicht mehr genutzt werden kann, das soll idealerweise für die energetische Verwertung freigegeben werden. Es kam zu einer Einführung unterschiedlicher Gesetze, die solche Verwertungsketten sicherstellen sollen. Unternehmen und Produzenten mussten sich anpassen. Sie haben nun ganz genau darauf zu achten, wie Produkte entstehen und wieder entsorgt werden.
Mit diesem Aspekt im Hintergrund möchten wir all jenen einen Buch-Tipp geben, die mit einer ingenieurtechnischen Ausbildung am Thema dran sind. Zum einen dann, wenn sie Produkte entwickeln. Zum anderen für diejenigen, die sich mit der Technologie für das Recycling befassen. Sie finden wertvolle Informationen in diesem Werk: „Recyclingtechnik: Fachbuch für Lehre und Praxis“. Geschrieben wurde es von Hans Martens und Daniel Goldmann. Empfohlen wurde es uns von den Fachleuten der Lindner Recyclingtech. Sie nutzen die darin enthaltenen Erkenntnisse nahezu täglich für ihre Arbeit.
Daten zum Buch:
Autoren: Hans Martens, Daniel Goldmann
Herausgeber: Springer Vieweg; 2. Aufl. 2016 Edition (15. April 2016)
Taschenbuch: 579 Seiten
ISBN-10: 3658027851
ISBN-13: 978-3658027858
Zum Buch-Inhalt von „Recyclingtechnik…“
Solide Arbeit, die hier der Springer Vieweg Verlag auf den Tisch legt. Das übliche, hohe Niveau wird gehalten. Ist man doch aus diesem Hause immer gute Bücher gewohnt, die in Lehre und Praxis an zahlreichen Hochschulen als Standard gelten. So ist das auch mit „Recyclingtechnik“. Es ist für all jene überaus wertvoll, die mit ihrer ingenieurtechnischen Ausbildung in dem Bereich aktiv sein möchten. Ob als Student oder erfahrener Praktiker, hier bekommt jeder relevante Informationen.
Autor Martens selbst ist ein anerkannter Fachmann auf seinem Gebiet. Er war selbst bis 2002 Professor für Umwelttechnik und Recycling an der Westsächsischen Hochschule Zwickau. Ebenso gilt Daniel Goldmann als Koryphäe zum Thema.
Das Buch beginnt mit grundsätzlichen Erläuterungen dazu, wie eine Kreislaufwirtschaft funktioniert. Es werden Abfallkategorien erklärt und zudem eine Übersicht darüber gegeben, welche Stoffe sich gut wiederverwerten lassen. Man wird als Neuling auf dem Gebiet überrascht sein, wie viel heute möglich ist, weil zahlreiche Verfahren existieren für die Wiedergewinnung. Interessant ist zudem, wie sich Stoffe verändern, wenn sie recycelt werden. Nicht jeder kann in seinen Ursprungszustand zurückversetzt werden. Doch mit den neuen Eigenschaften sind sie auch für andere Zwecke sehr wertvoll.
Einen wesentlichen Beitrag zum intelligenteren Umgang mit dem Thema geben die beiden Verfasser durch eine völlig neue Perspektive. Sie machen dem Leser klar, dass recyclinggerechte Konstruktion der Schlüssel zum Erfolg ist. Recyclinggerechte Konstruktion ist so gemeint, dass schon bei der Planung des Produktes darauf zu achten, dass es zu einem hohen Grade wieder verwertbar wird. Früher war es eher üblich einfach Waren auf den Markt zu bringen und fertig. Um das Recycling mussten sich dann die öffentlichen Entsorgungsbetriebe kümmern. Anschließend geht es um die Verfahren, also um die Technik, die dem Recycling zugrundeliegt.
Zuerst jedoch wird ein breites Spektrum an Material-Kategorien vorgestellt. Es gibt zum Beispiel:
- flüssige Abfälle
- Metall-Abfälle
- Elektroschrott
- Bau-Schrott
- Organische Abfallprodukt, wie Hol und Papier usw.
- Verbundwerkstoffe
Und noch jede Menge andere Materialien, die durch entsprechende Maßnahmen wiedergewonnen werden können. Aber das ist noch nicht alles. Innerhalb dieser Kategorien kann es sein, dass manche von ihnen auf einem ganz anderen Weg bearbeitet werden müssen. Warum? Weil es manchmal physikalisch-chemische Verfahrenstechniken sind, mit denen die Stoffe getrennt werden. Das heißt, man bearbeitet sie mit Lösungen und Chemikalien und dann zerhackt man sie. Auf der anderen Seite gibt es rein physikalische Methoden, wie zum Beispiel das Verdampfen von flüssigen Anteilen oder das Einschmelzen von Metallen. Somit folgt im zweiten Teil eine Übersicht der bekannten Verfahren zum Recycling.
Es ist eine hoch komplexe Welt. Die Verfahrenstechnik hat sich in diesem Zusammenhang in den letzten Jahrzehnten deutlich weiterentwickelt. Wichtig für Ingenieure ist es sie alle zu kennen und bei der Produktplanung zu berücksichtigen. Beziehungsweise ist das Ziel sie noch weiter zu verbessern. Je mehr Rohstoffe wiedergewonnen werden, umso besser für die Umwelt, umso besser für diejenigen Unternehmen, die solche Anlagen entwickeln. Sie werden sich im Wettbewerb durchsetzen. Verbesserte Quoten bei der Rückgewinnung sind die grundlegende Voraussetzung dafür.
Ebenfalls ein wichtiger Teil im Buch ist das Kapitel mit der Substitution von Werkstoffen und Baumaterialien. Es gibt zum Beispiel Verbindungen, die sind weder mit physikalisch-chemischen Verfahrenstechniken noch mit anderen gut zu trennen. Für sie bleibt nur die energetische Verwertung in Form von Verbrennung. Meist erfolgt eine solche energetische Verwertung als Beigabe im Kohlekraftwerk oder im Gaskraftwerk. Doch dabei wird CO2 ausgestoßen, so dass es nicht gerade eine Ideallösung ist. Daher ist man heute in der Materialwissenschaft bestrebt Ersatzbaustoffe zu finden. Sie können solche Materialien teilweise substituieren. Nötig ist das entweder, weil sie knapp werden und damit zu teuer sind. Oder eben, weil sie schlecht zu verwerten sind.
In Summe lässt sich sagen: Hoch komplexes Thema, das in der heutigen Zeit massiv an Bedeutung gewinnen wird. Mit diesem Buch ermöglichen es die Autoren sich technischen Angestellten mit der Thematik optimal auseinanderzusetzen. Vermutlich wird kaum ein Experte bereits alle Verfahren und vorgestellten Technologien kennen. Daher sollte es in jedem Buchregal stehen bei all denen, die sich in diesem Teil der Technik betätigen.
- Schlagfertigkeit lernen: Techniken für spontane und geistreiche Antworten
- Pferdehaltung, Ställe & Reitanlagen: Orientierungshilfen für Bau und Modernisierung
- Photovoltaik zur Eigennutzung – Photovoltaik – die Komplett-Anleitung für absolute Einsteiger
- Vermögensaufbau durch Immobilien
- Betriebswirtschaft für Führungskräfte – Das Fachbuch